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Kooperationen im Gesundheitswesen

Eine Dokumentation in 3 Teilen. Teil 1: Strafrecht und Berufsordnung Die Diskussion über die Gewährung von Boni für das Verschreiben von Arzneimitteln der Firma Ratiopharm durch Ärzte gegen Ende des letzten Jahres hat die Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex auch in der Rechtswissenschaft neu belebt. Die anerkanntermaßen notwendige Kooperation im Gesundheitswesen ? also die Zusammenarbeit von Ärzten mit der pharmazeutischen Industrie ? steht abermals auf dem Prüfstand. Für den Arzt lauern bei dieser Zusammenarbeit einige Fallstricke, die es im folgenden aufzuzeigen gilt.

Zulässige und für die Weiterentwicklung von Arzneimitteln notwendige Formen der Zusammenarbeit wie etwa Anwendungsbeobachtungen, die Teilnahme an klinischen Studien, Referenten- oder auch Beratertätigkeiten stehen im Ruch des strafbaren Verhaltens. Dieses Misstrauen gegenüber solchen Vereinbarungen rührt daher, dass sie allzu leicht dazu missbraucht werden können, eine Vergütung nicht für die festgelegte Gegenleistung ? die Anwendungsbeobachtung, die Prüftätigkeit etc. ? zu erbringen, sondern für eine unzulässige: die Bevorzugung eines bestimmten Medikaments bei der Verschreibung von Arzneimitteln. So waren schon beim Herzklappenskandal 1994 Zuwendungen für die Bestellung bestimmter Medizinprodukte über derartige ?Scheinverträge? geflossen. Welche Vorkehrungen kann nun ein redlicher Arzt treffen, um gar nicht erst in die Schusslinie öffentlicher Kritik oder gar ins Visier staatsanwaltlicher Ermittlungen zu geraten?

Zunächst ist die Kenntnis der einschlägigen rechtlichen Vorschriften förderlich. Justitias scharfes Schwert des Strafrechts bleibt im Hinblick auf Provisionszahlungen allerdings in den meisten Fällen stumpf:

Die Vorschriften der Bestechlichkeit und der Vorteilsgewährung sind allenfalls auf Klinikärzte an städtischen Krankenhäusern oder an Universitätskliniken anwendbar, weil Täter diesbezüglich nur Amtsträger sein können (Vorschläge, auch Vertragsärzte als Amtsträger zu qualifizieren sind bislang stets im Sande verlaufen). Die Angestelltenbestechung erfasst ? wie der Name der Vorschrift schon erkennen lässt ? nur Angestellte. Der Prinzipal, also der selbständige niedergelassene Arzt, kommt hier als Täter ebenfalls nicht in Betracht.

Schließlich wird von einigen immer wieder das Delikt der Untreue bemüht, um die Strafbarkeit zu konstruieren. Die Untreue soll in einem Verstoß gegen das im Sozialrecht verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot liegen, dem der Vertragsarzt verpflichtet ist. Diese Argumentation kann aber nur greifen, wenn der Patient das ihm verschriebene Medikament gar nicht benötigt und so der Krankenkasse ein Schaden entsteht. In der Mehrheit der Fälle geht es darum gar nicht. Vielmehr wird ein im Wirkstoff vergleichbares Medikament verschrieben, aber dasjenige eines anderen Herstellers.

Für niedergelassene Ärzte hält also ?nur? die Berufsordnung klare Verbote hinsichtlich der Entgegennahme von Vorteilen für die Verordnung von Arzneimitteln bereit. Nach § 34 der Musterberufsordnung (MBO) ist es Ärzten nicht gestattet, ?für die Verordnung von Arzneimitteln (etc...) eine Vergütung oder andere Vorteile für sich oder einen Dritten zu fordern (...) oder anzunehmen?. Insoweit ist die Vorschrift klar formuliert und stellt eine brauchbare Handlungsanweisung dar. Problematisch wird die Situation für den Arzt, wenn er Medikamente eines Herstellers verschreibt und in anderem Zusammenhang eine Vergütung oder einen Vorteil von diesem erhält, also nicht für die Verordnung sondern aus anderen Gründen. Hier mag schnell der Verdacht aufkommen, die Zuwendung sei doch für die Verordnung gewährt worden. Aus diesem Grund halten die Berufsordnungen ? fußend auf der MBO ? zahlreiche weitere Vorschriften bereit, die bei den grundsätzlich zulässigen Zuwendungen durch die Industrie zu beachten sind. Dabei lassen sich Zuwendungen unterscheiden, die im Gegenseitigkeitsverhältnis gewährt werden (Entgelte für Anwendungsbeobachtungen, für die Prüfarzttätigkeit, Referenten- und Beraterhonorare) und einseitigen Zuwendungen (Werbegeschenke, Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen etc.). Es gelten unterschiedliche Regeln, die sich nicht unbedingt logisch erschließen und die deshalb zu berufsrechtlichen Stolperfallen werden können.

Beide Formen der Zuwendungen und wie sie berufsrechtskonform zu behandeln sind, werden in Teil 2 und Teil 3 in den nächsten Newslettern des DOV dargestellt.

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