DOUV-Logo
 
DOUV-Logo.

Patientenportal

Wie sinnvoll ist die Teilbelastung nach einer Hüftoperation?

18.06.2018

Die Empfehlung, das betreffende Bein nach einer Hüftoperation nur eingeschränkt zu belasten, ist einer Münchner Studie zufolge bei geriatrischen Patienten wenig hilfreich.

Nach den Empfehlungen der American Academy of Orthopaedic Surgeons wird Patienten häufig geraten, die operierte Gliedmaße zunächst nur teilweise zu belasten. Vernachlässigt wurde in diesem Zusammenhang bisher die Frage, inwieweit die meist betagten Patienten überhaupt in der Lage sind, dieser Empfehlung Folge zu leisten. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben beim Aussprechen der Empfehlung die möglichen Risiken der damit verbundenen Bewegungseinschränkung.

Ältere Patienten können oft nicht teilentlasten

Um herauszufinden, wie Frakturpatienten im klinischen Alltag mit der Teilbelastung zurechtkommen, unterzog ein Team um Dr. Christian Kammerlander, Sektionsleiter Alterstraumatologie am Klinikum der LMU München – Großhadern, zwei Gruppen von Teilnehmern einer Belastungsanalyse. Das Resultat ist eindeutig. Von 16 geriatrischen Patienten gelang die geforderte Teilentlastung keinem einzigen. Sie ist in der Altersgruppe jenseits der 75 kaum umsetzbar, sondern birgt auch zusätzlich erhebliche Risiken.

Grundsätzlich neu ist das Ergebnis allerdings nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) wies bereits in ihren Leitlinien von 2015 darauf hin, dass "ältere Patienten häufig nicht teilentlasten können"und daher "jede operative Maßnahme nach Möglichkeit so erfolgen sollte, dass eine sofortige Belastung möglich ist". Ziel sei die schmerzadaptierte Vollbelastung.

Kammerlander und sein Team nehmen die Studie zum Anlass, um erneut zu betonen, dass es bei Senioren ganz besonders auf eine "intensive Mobilisierung unmittelbar im Anschluss an die Hüftoperation" ankommt, da Bewegungseinschränkungen in dieser Altersgruppe mit einer Reihe von Komplikationen verbunden sind: von Druckgeschwüren und Harnwegsinfektionen über Beinvenenthrombosen bis hin zur Pneumonie. Andere Studien, so Kammerlander, hätten gezeigt, dass mit länger dauernder Bettruhe nicht nur die Fähigkeit, Alltagsaktivitäten zu bewältigen, zurückgeht, sondern auch die Sterberate steigt. Es gebe außerdem Hinweise dafür, dass schon eine reduzierte Schrittzahl pro Tag dazu führe, dass die Muskelkraft abnimmt. Dies sei vor allem auch im (häufigen) Fall einer osteoporotisch bedingten Hüftfraktur relevant: Es liegt nahe dass hier die postoperative Entlastung des betroffenen Beins mit einer Verschlechterung der Knochenqualität assoziiert sei.

Vollbelastung ohne Einschränkung erlauben!

Das Argument, durch die frühzeitige Belastung werde die Knochenheilung gefährdet, halten die Experten für wenig hilfreich: Es gebe heute speziell auf Senioren angepasste Therapieprotokolle wie den Einsatz von Endoprothesen auch bei nicht dislozierten Oberschenkelhalsfrakturen oder die zusätzliche Verwendung von Knochenzement, wodurch auch älteren Patienten die postoperative Vollbelastung ermöglicht werde.

Fazit

Die uneingeschränkte Erlaubnis zur unmittelbaren Vollbelastung sollte Teil des Standardprotokolls zur postoperativen Versorgung geriatrischer Patienten mit Hüftfraktur sein.

 

Quellen:



zurück