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Gelenkspritzen gegen Arthrose?

03.04.2017

Stellungnahme von Dr. Christoph Eichhorn vom Deutschen Orthopäden und Unfallchirurgenverband (DOUV). zu einem häufig diskutierten Thema in der Apotheken Umschau.

Kortison oder Hyaluronsäure sollen Arthroseschmerzen lindern und teilweise den Gelenkverschleiß bremsen.

Bei einer Arthrose reibt sich der Knorpel, der in den Gelenken als Gleitfläche dient, nach und nach ab. "Wenn es nun bei Arthrose Gelenkabrieb gibt, können die abgeriebenen Teilchen wie ein Sandkorn im Auge wirken: Sie reizen die Gelenkinnenhaut und führen so zu Schmerzen und einer erhöhten Flüssigkeitsproduktion", erklärt der Münchener Orthopäde Professor Peter Diehl. Diese vermehrte Flüssigkeitsproduktion führt zu einem Gelenkerguss. Das Gelenk schwillt an, die Beweglichkeit nimmt ab, der Mediziner spricht von Arthritis, also einer Gelenkentzündung.

Bei einem Gelenkerguss punktieren Ärzte häufig das Gelenk, um Gelenkflüssigkeit abzulassen. Außerdem spritzen sie unter Umständen Kortison, eventuell auch ein lokales Betäubungsmittel ein, um die Entzündung einzudämmen und die Schmerzen zu nehmen. Allerdings wirkt das Kortison nur vorübergehend und sollte lediglich bei starken Schmerzen eingesetzt werden.

"Das Problem dabei: Das Kortison kann dem Knorpel ebenfalls schaden und so das Gelenk weiter zerstören", sagt Dr. Christoph Eichhorn vom Deutschen Orthopäden und Unfallchirurgenverband (DOUV). Das gilt umso mehr für Betäubungsmittel, die nicht mehr in Gelenke gespritzt werden sollten. Bei einer Studie, in der Knorpelzellkulturen und Gewebeproben aus Gelenkknorpel Kortison und Betäubungsmitteln ausgesetzt wurden, starben die Knorpelzellen deutlich schneller ab. Ist das Gelenk durch das Fortschreiten der Arthrose erst komplett zerstört, oder lässt sich der Schmerz durch konservative Maßnahmen nicht mehr eindämmen, kann als letzte Lösung nur noch ein künstliches Gelenk implantiert werden.

Hyaluronsäure soll den Knorpel schützen

Viele Orthopäden bieten Hyaluronsäurespritzen an. Die Behandlung wird aber nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Die Ärzte versprechen sich davon, dass es möglichst nicht zu akuten Gelenkentzündungen kommt, und wollen damit eine Operation möglichst lange hinauszögern. Hyaluronsäure ist eine Substanz, die in verschiedenen Organen des Körpers vorkommt, etwa in der Haut, den Augen und in den Gelenken. In Letzteren sorgt sie für eine gute Gleitfähigkeit der Gelenkflüssigkeit.

"Erstens soll die Hyaluronsäure oberflächliche Knorpelaufbrüche abmildern. Zweitens wirkt sie sozusagen wie Motoröl und stellt die alte Viskosität der Gelenkflüssigkeit her, die durch die Ergussbildung verringert ist", sagt Eichhorn. Anschließend soll sich das Gelenk zumindest teilweise erholen: Weniger Abrieb und eine geringere Entzündung, somit weniger Flüssigkeit im Gelenk. Dadurch bleibt die Gelenkschmiere länger dickflüssig (viskös) und kann ihre Aufgabe besser erfüllen, so die Einschätzung des Arztes.

"Hoffnungsträger" Hyaluronsäure?

In welchen Stadien der Gelenkerkrankung kann Hyaluronsäure helfen? Viele Orthopäden starten einen Behandlungsversuch mit Hyaluronsäure, wenn Schmerzmittel nicht ausreichend wirken oder nicht infrage kommen, der Zeitpunkt für eine Operation aber noch zu früh ist.

Diehl wendet die Spritzen nur in frühen Stadien der Arthrose an, wenn noch genug restlicher Knorpel vorhanden ist: "Ein Hyaluron-Präparat soll vor allem den verbliebenen Knorpel stabilisieren. Es versorgt den Knorpel mit Nährstoffen und verbessert so dessen Stoffwechselsituation." Langfristig könne dadurch auch die knorpeleigene Hyaluronsäureproduktion wieder angeschoben werden.

Eichhorn hingegen hält auch einen Behandlungsversuch bei fast aufgebrauchtem Knorpel für angemessen: "Es gibt Menschen, bei denen schon Knochen auf Knochen reibt, und die trotzdem keine Beschwerden haben. Der entscheidende Faktor ist vielmehr, ob es eine Entzündung im Gelenk gibt." Diese könne Hyaluronsäure günstig beeinflussen, so der Mediziner.

Widersprüchliche Studienlage

Diehl sieht jedoch in der unkritischen Anwendung bei fortgeschrittener Arthrose den Grund, warum manche Studien kaum Effekte messen konnten bei der Behandlung mit Hyaluronsäurespritzen. Dementsprechend sieht der IGeL-Monitor vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in einer Pressemitteilung vom Mai 2014 die Studienlage als unklar an und stuft den Nutzen als "tendenziell negativ" ein.

Zwar weisen neuere große Auswertungen mehrerer Studien – sogenannte Metaanalysen – auf positive Wirkungen von Hyaluronsäurespritzen hin. Dennoch bleibt das Manko, dass die klinische Erfahrung nicht ausreichend durch hochwertige Studiendaten belegt ist. Daher sind die Fachgesellschaften hier nach wie vor geteilter Meinung.

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