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Fachübergreifende Abrechnung in Berufsausübungsgemeinschaften

Die Grundprinzipien des Vertragsarztrechts, vor allem die Bindung an den Zulassungsstatus dürfen nicht ausgehöhlt werden, weil die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt nicht verhindert werden kann. Dies gilt auch für den Fall der Vertretung. 

Redaktioneller Leitsatz

Die Genehmigung einer fachübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft darf nicht dazu führen, dass Grundprinzipien des Vertragsarztrechts, vor allem die Bindung an den Zulassungsstatus, ausgehöhlt werden, weil die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt, insbesondere wegen seiner auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkten Zulassung, nicht verhindert werden kann. Dies gilt auch für den Fall der Vertretung.

Streitig war die Richtigstellung vertretungsweise abgerechneter orthopädischer EBM-Ziffern durch ein Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), zugelassen als Facharzt für rehabilitative Medizin.

Die Klägerin ist eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis (ein Facharzt für Orthopädie, als Orthopäde zugelassen, ein Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin und Orthopädie, nur als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin).

Mit Bescheiden vom 16.11.2011 und vom 15.02.2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.04.2012 und vom 06.02.2013 setzte die Beklagte insgesamt 188 Leistungen nach den GOP 34221, 34233, 34234, 34232, 34230 und 34237 ab. Diese Leistungen der diagnostischen Radiologie seien fachfremd für den Arzt der Klägerin, der als Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin zugelassen ist. Die Beklagte weise darauf hin, dass zur Durchführung notwendiger Leistungen (von Notfällen abgesehen) der Patient an einen dafür zugelassenen Kollegen zu verweisen sei. Auch im Falle der Vertretung seien Vertragsärzte an die Grenze des jeweiligen Fachgebiets gebunden.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München. Sie wendet ein, dass die Beklagte dem Arzt der Klägerin die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der diagnostischen Radiologie zwar erteilt habe, ihm aber mitgeteilt habe, er dürfe von dieser keinen Gebrauch machen. Die Ärzte der Klägerin hätten deshalb den Praxisbetrieb so organisiert, dass der lediglich für Rehabilitative und Physikalische Medizin zugelassene Arzt nur noch vertretungshalber bei Abwesenheit des Kollegen und in Notfällen Röntgenleistungen erbringe. Die abgesetzten Röntgenleistungen seien vertretungshalber erbracht worden. Selbstverständlich habe der Arzt den Kollegen als Orthopäde und nicht als Facharzt für Rehabilitative und Physikalische Medizin vertreten. Er sei zwar nicht als Orthopäde zugelassen, habe aber die gebietsgleiche Qualifikation. Externe Vertretungen als Orthopäde seien ihm nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erlaubt, dasselbe müsse auch für praxisinterne Vertretungen gelten. Dies sei im ländlichen Bereich auch für die Versorgung der Patienten von Bedeutung.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 16.10.2014 ab. Die Bindung an die Fachgebietsgrenzen gelte auch in fachbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxen.

Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung ein. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihre Ausführungen.

Entscheidung und Urteilsbegründung

Entscheidung

Die zulässigen Berufungen sind unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 16.11.2011 und vom 15.02.2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.04.2012 und vom 06.02.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, wie das Sozialgericht München im Urteil vom 16.10.2014 zutreffend festgestellt hat. Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist § 106a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB V. Die von der Beklagten vorgenommenen Richtigstellungen sind zutreffend. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Vergütung der von Dr. R. in Vertretung innerhalb der Berufsausübungsgemeinschaft erbrachten Leistungen.

Urteilsbegründung

In einer Berufsausübungsgemeinschaft werden zwar die vertragsärztlichen Leistungen der Berufsausübungsgemeinschaft als solcher zugeordnet. Dies bedeutet aber nicht, dass die in ihr tätigen Ärzte von den für alle übrigen Vertragsärzte geltenden Fachgebietsbegrenzungen und Qualifikationsanforderungen befreit sind. Die Genehmigung einer fachübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft darf nicht dazu führen, dass Grundprinzipien des Vertragsarztrechts, v.a. die Bindung an den Zulassungsstatus, ausgehöhlt werden, weil die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt, insbesondere wegen seiner auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkten Zulassung, nicht verhindert werden kann. Dies gilt auch für den Fall der Vertretung. Von Vertretern sind grundsätzlich alle Regelungen in den Abrechnungsbestimmungen zu beachten, die die Fachgebietsgrenzen und die gesetzlich vorgesehene Trennung der Versorgungsbereiche hausärztliche Versorgung und fachärztlicher Versorgung umsetzen (BSG Urteil vom 14.12.2011, B 6 KA 31/10 R).

Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung ausdrücklich entschieden, dass bei der Vertretung zwischen einer durch zugelassene Vertragsärzte und einer durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte zu unterscheiden ist. Bei zugelassenen Vertragsärzten ist deren Zulassungsstatus ausschlaggebend (a.a.O. Rn. 42, 43). Dies hat das Bundessozialgericht in der genannten Entscheidung zwar nur für die Differenzierung zwischen dem hausärztlichen und dem fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden. Die Rechtsprechung ist jedoch auch auf die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen übertragbar, da nur so der Facharztstandard und die Erfordernisse der Bedarfsplanung garantiert werden können.

Damit war die Berufung zurückzuweisen.

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