Impressum - Kontakt
Ausgabe:
Artikel:



Die Therapie mit Blutegeln

Verfahren der "Naturmedizin" werden immer beliebter. Die Nachfrage wächst. Hirudo medicinalis avanciert in der Vorstellungswelt der Anhänger alternativer Verfahren zum Alleskönner.

Für die Therapie einer Kniegelenksarthrose bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen, von schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten, über Einlagen, Krankengymnastik und verschiedenen Operationen bis hin zur Akupunktur des Knies.

Darüber hinaus bieten Ärzte IGeL an. Dazu zählt beispielsweise auch die hier vorgestellte Blutegeltherapie, ein Verfahren der Naturheilkunde.

Zur Behandlung werden mehrere Blutegel auf das Knie gesetzt. Die Substanzen im Speichel der Tiere (z.B. Hirudin) sowie die Entnahme von Blut sollen die Kniebeschwerden lindern. Eine Behandlung kostet in der Regel pro Sitzung zwischen 19 und 44 Euro, hinzu kommen die Kosten für die Blutegel (meist 4-6 Egel).

Vertragsgestaltung

Die Definition des Begriffs IGeL (Individuelle Gesundheitsleistung) und die Vertragsgestaltung ist in verschieden GOÄ-Ratgebern erläutert (z.B. Bundesärztekammer). Die Verfahren der Vertragsgestaltung und Rechnungslegung dürfen als bekannt vorausgesetzt werden.

Demnach muss dem Patienten eine GOÄ-konforme Rechnung ausgestellt werden. Eine Abrechnung mittels Pauschalen ist ebenso wenig zulässig, wie eine regelhafte Berechnung der Leistungen unter dem 1,0-fachen Gebührensatz (§ 5 GOÄ "Bemessung der Gebühren").

Eine mögliche Beispielrechnung könnte wie folgt aussehen (Vorschlag ohne Gewähr, Preise für Blutegel gemittelt):

Blutegeltherapie GOÄ Satz Preis
Eingehende Beratung mind. 10 min 3 2,3 20,10 €
Symptombezogene Untersuchung  5 2,3 10,72 € 
Setzen von Blutegeln 747 3,5 8,98 €
Verband 200 2,3 6,03 €
Kaufpreis pro Blutegel     5,50 €
Verpackung Versand     8,70 €
Gesamtpreis mit 6 Blutegeln      87,83 € 


Pro und Contra aus der Marketingperspektive

Contra

Der von Patienten immer häufiger kontaktierte “IGeL Monitor” bewertet die Therapie wie folgt:

"Gefunden wurden zwei Studien, die wir (= IGel Monitor) für die Bewertung heranziehen konnten. Die eine vergleicht die Blutegeltherapie mit einem Schmerzmittel, die andere mit einer Scheinbehandlung. In beiden Studien schnitt die Blutegeltherapie insgesamt etwas besser ab als die Vergleichstherapien, das heißt, die Schmerzen ließen stärker nach und die Beweglichkeit nahm deutlicher zu. Doch selbst den Patienten mit einer Scheinbehandlung ging es besser als vorher, was auf einen erheblichen Placeboeffekt schließen lässt. Da aufgrund methodischer Schwächen der Studien nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Überlegenheit der Blutegeltherapie in Wirklichkeit nur ein Placeboeffekt ist, sehen wir insgesamt keine Hinweise auf einen Nutzen. Da die Studien zwar häufige, aber nur leichte Nebenwirkungen beschreiben, sehen wir Hinweise auf einen geringen Schaden."

Pro

Ein Beispiel für die hohe Akzeptanz und die damit verbundene Erwartungshaltung der Patienten ist ein vielfach kopierter und verlinkter Artikel aus der aktuellen (März 2017) Ausgabe des "Tagesspiegel Gesund" - dem Magazin für Medizin und Gesundheit des Tagesspiegel in Berlin. Darin äußert sich Prof. Dr. med. Andreas Michalsen, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin zur Therapie mit Blutegeln:

“Die schmerzlindernde und entzündungshemmende Wirkung setzt bereits nach einer Anwendung ein und hält mehrere Monate an«, sagt Michalsen. Arthrose-Schmerzen und Rückenleiden könnten so natürlich und schonend gelindert werden, ohne ständig Schmerzmittel schlucken zu müssen. Selbst bei stark fortgeschrittenem Verschleiß der Rückenwirbel können wir so oftmals chronische Rückenschmerzen therapieren."

Die Blutegeltherapie trägt das Prädikat “Naturmedizin” und profitiert demnach vom modernen, zunehmenden Trend hin zum “Natürlichen” oder “Alternativen”. Die Nachfrage steigt. Immer mehr Menschen suchen Alternativen zur Schulmedizin.


Quellen:



Sie fanden diesen Artikel interessant und informativ? Dann empfehlen Sie ihn doch jemandem.
sehr gut gut mittel schlecht sehr schlecht