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Ärzte-Beleidigung! Strafanzeigen gegen Schmidt und Lauterbach.

Freie Ärzteschaft und niedergelassene Ärzte stellen Anzeige gegen Ulla Schmidt und Karl Lauterbach. Gegen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) wurde Strafanzeige wegen Beleidigung der Ärzteschaft gestellt. Grund ist Schmidts Vorwurf, die Ärzte nähmen ihre Patienten wegen Geldforderungen "in Geiselhaft". Schmidts Kritik war beim Aktionstag der Ärzte gegen die Gesundheitsreform am vergangenen Montag laut geworden.

Auch gegen den Gesundheitsexperten Karl Lauterbach (Private sind Parasiten ...) wurde Strafanzeige wegen ähnlicher Äußerungen gestellt. "Der Vorwurf stellt uns auf eine Stufe mit Schwerkriminellen", kritisierte der Präsident der Freien Ärzteschaft Martin Grauduszus.

Die Zitate
Frau Schmidt äußerte am 04.12.2006 öffentlich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk anlässlich eines dezentralen, deutschlandweiten Protesttages, dass Ärzte Patienten wegen Forderungen nach mehr Geld ?in Geiselhaft? nehmen.

Herr Professor Karl Lauterbach äußerte am 04.12.2006 gegenüber dem Fernsehsender NTV wörtlich: ?Das ist schon eine Geiselhaft der Patienten. Es gibt keine Berufsgruppe, die so brutal Menschen ausnutzt, wenn es um das eigene Einkommen geht, wie die Ärzteschaft.?

Der Strafantrag
Unterstützt wird der Ärzteverband bei der Anzeige von der Rechtsanwältin Simone Dahlmann, die in einer Bürogemeinschaft mit dem Juristen Carlos A. Gebauer arbeitet. In dem Strafantrag betont die Anwältin, dass die abwertende Gleichstellung protestierender Ärzte mit Menschen, die Personen entführten und mit deren Tod drohten, geeignet sei "auch die Mitglieder meines Mandanten in ihrer Ehre zu kränken und stellt somit die vorsätzliche Kundgabe der Missachtung der dieser Personengemeinschaft angehörigen Mitglieder dar". Dahlmann verweist in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes über so genannte "Kollektivbeleidigungen" vom Januar 1989.

Als Bundesministerin stehe Schmidt darüber hinaus in einem besonderen öffentlich-rechtlichem Amtsverhältnis. Zu den damit verbundenen Staatsleitungskompetenzen gehöre auch die Orientierung der Bürger durch wahrheitsgemäße Aufklärung und Beratung. Aus diesem Grunde komme schon prinzipiell eine Berufung auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Rechtfertigung nicht in betracht. Auch der Abgeordnete Lauterbach kommuniziere vorsätzlich einen unmittelbar ehrkränkenden Gedankeninhalt, der geeignet sei, das Ansehen der Ärzteschaft herabzusetzen.

Die abwertende Gleichstellung von Ärzten, die ihr demokratisches Recht zu Protesten wahrnehmen, mit Menschen, die Personen entführten und mit deren Tod drohten, sei eine Beleidigung, zu der es in der Geschichte der Bundesrepublik nur wenig Vergleichbares gäbe: "Es erinnert an die Kollektivbeleidigung ?Soldaten sind Mörder?, die der Bundesgerichtshof zu Recht als nicht zulässige Kollektivbeleidigung beurteilt hat", sagt Grauduszus.

Unterstützungen
Neben der Freien Ärzteschaft haben auch der Präsident der in Reutlingen ansässigen Bezirksärztekammer Südwürttemberg (Dr. Michael Datz) und viele niedergelassene Ärzte Anzeigen erstattet oder Strafanträge bei der Staatsanwaltschaft Berlin gestellt.

Grundlagen dieser Anzeigen sind ebenfalls Verleumdung und üble Nachrede. Der Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft Berlin lautet auf "schwere Straftat nach § 239b StGB, Verleumdung, Beleidigung, Diskreditierung und übler Nachrede". Andere Kläger fordern die "die öffentliche Rücknahme dieser Äußerungen sowie künftige Unterlassung." Schmidt habe die Grenzen des politisch und rechtlich Zulässigen überschritten.

Weitere Ärztevereinigungen wie beispielsweise MEDI oder der DEUTSCHE ORTHOPÄDEN VERBAND lassen derzeit prüfen, ob und welche Klagemöglichkeiten erfolgversprechend respektive sinnvoll sind.

Erste Ergebnisse
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Ermittlungsverfahren gegen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie den Gesundheitsexperten und Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach (beide SPD) aus Leverkusen eingeleitet. Im Hinblick auf die Geiselhaftäußerungen der beiden Beschuldigten werde geprüft, ob eine Straftat vorliege, sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, dem Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Ausgabe vom 12.12.2006).
Stellungnahmen der Betroffenen lagen bis zum Redaktionschluss nicht vor.

Weiteres Ungemach für Lauterbach?
Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung Nr.277 vom 01. Dezember wollen Ärztefunktionäre Lauterbach das Handwerk legen indem ein ein Netzwerk von Wissenschaftlern in den Sachverständigenrat geschleust werden soll. KBV-Chef Köhler habe angeblich Pläne, dafür Finanzmittel bereit zu stellen. Quelle dieser Meldung soll ein vertrauliches Protokoll der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sein.

Auch wenn diese Meldung innerhalb des Verbandes auf große Resonanz gestoßen ist ( ... endlich mal was Gutes), sollte ihr jedoch keine wirkliche Bedeutung beigemessen werden. Zum einen ist auffällig, dass auch große Pressearchive die Meldung nur wenige Tage nach deren Erscheinen nicht mehr weiter verfolgten oder sogar die Verbreitung sperrten und zum anderen sollte auch erwähnt werden, dass Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die KBV beaufsichtigt. Eine Realisierung der Vorhaben erfordere daher - wie auch Herr Köhler einräumt - ein "Austricksen" der SPD-Politikerin.

Quellen:
Süddeutsche Zeitung Nr.277, Facharzt.de, Pressemitteilung der FÄ vom 08.12.2006, ddp

Nachtrag
Das gegen Ulla Schmidt eingeleitete Ermittlungsverfahren bei der Berliner Staatsanwaltschaft ist am 15.12.06 eingestellt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt es für ?konkrete Ermittlungshandlungen? keine zureichenden Anhaltspunkte.
Quelle: Meldung von Facharzt.de

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